Positively negative. Die Prinzipien von Gegensätzlichkeiten mag man physikalisch oder philosophisch betrachten; in jedem Fall geht es um Spannung und Bewegung. Stillstand ist bekanntlich der Erzfeind jeder Kreativität.

Das gilt insbesondere auch in der Musik. Im Jahr 2013 treffen sich in Köln zwei Männer, deren Gegensätze auf der Hand liegen: Philipp Sutter, 1975 in Marburg geboren, ist studierter Jazz-Pianist und wurde Ende der 90er mit der Popband Neuser bekannt. Der Drummer Aram Khlief kam 1984 in Damaskus zur Welt und startete seine Karriere in einer jordanischen Punkband. Wie so oft findet sich auch hier in unterschiedlichsten Biografien spannende Gemeinsamkeiten und das Projekt dyrtbyte ist geboren.

Schnittmengen hörbar machen ist eine ganz gute Umschreibung für die Zielsetzung der Band. Der Sound lässt sich zwischen den Genres nur schwer festnageln, mangelnde Flexibilität kann man dem Duo wahrlich nicht vorwerfen. Ob basslastige Club-Performance, Gigs in voller Band-Besetzung oder die groß inszenierte Fusion mit einem kompletten Sinfonieorchester; bei dyrtbyte scheint alles möglich, wer in Schubladen denkt hat hier schon verloren. Die Verschiebung von Grenzen gelingt den beiden Soundtüftlern immer wieder aufs Neue und das Ergebnis ist dabei trotz aller Einflüsse stets erstaunlich rund.

Konsequente Weiterentwicklung ist ein fester Bestandteil der Bandphilosophie und die oft strapazierte Formulierung „am Sound schrauben“ darf bei dyrtbyte tatsächlich wörtlich verstanden werden. Im Studio wird auch schon mal der innere MacGyver rausgelassen und zu Platinen und Lötkolben gegriffen: Für das vorliegende Video zu „Positively Negative“ wurde eigens eine Maschine entwickelt, die das technoide Programming des Tracks an Klaviersaiten umsetzt.

So grundverschieden die musikalische Sozialisation der beiden Künstler war, so sehr ist solides Handwerk die Basis ihrer gemeinsamen Arbeit. Die Freiheiten des Jazz und die Präzision des Drummers, die grundsätzliche und selbstverständliche Offenheit in alle Richtungen und nicht zuletzt ein Faible für Techno mit ordentlich Wumms machen aus dyrtbyte eine spannende Band, die ihr größtes Kapital zu nutzen weiß: Lust auf Neues.